Für die FDP geht in Reinickendorf Marius Strubenhoff in den Wahlkampf. Für ihn ist Politik seit seiner Jugend ein zentraler Bestandteil seines Lebens. 2011 ist er fürs Studium nach England gezogen, 2012 dort seine Frau kennengelernt. Zum Jahr 2016 sagt er: „da habe ich mit dem Brexit meine erste wahrhaftige politische Krise miterlebt. Mein Engagement wechselte im Zuge dessen von der FDP zu unserer britischen Schwesterpartei, den Liberal Democrats.“ Seit 2020 arbeitet er in Berlin als Experte für Nahostpolitik und wohnt seitdem in Hermsdorf. Des Weiteren spricht er über die vergangenen Jahre : „Die Krisen unserer Zeit haben mich ein weiteres Mal eingeholt: Der russische Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat mich auch persönlich getroffen, da ein Teil meiner Familie in Kiew lebt. Der durch den Terrorangriff der Hamas entfesselte Hamas-Israel-Krieg und das Finden einer Lösung für diesen Konflikt beschäftigen mich beruflich. Diese vielfältigen Herausforderungen betreffen auch Deutschland und Europa.“
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Buntes Reinickendorf: Ihr Motto für den Wahlkampf lautet: „Alles lässt sich ändern.“ Was hat dabei Priorität?
Marius Strubenhoff: Unser Motto „Alles lässt sich ändern“ ist zuallererst ein Gestaltungsanspruch. Deutschland steht an einem Scheideweg, wirtschaftlich wie gesellschaftlich. Wir haben jetzt noch einmal die Chance, mit einem Kurswechsel das Land auf die richtige Spur zu bekommen. Die Änderungen beginnen bei den Ursprüngen, grundsätzliche Reformen sind notwendig. Dabei haben Wirtschaft, innere und äußere Sicherheit, Bildung und Verkehr Priorität.
Nehmen wir das Bildungswesen – in dem Bereich hat die FDP in der vergangenen Regierung mit dem Startchancenprogramm das Richtige angestoßen. 6 Reinickendorfer Schulen (Campus Hannah Höch, Grundschule in den Rollbergen, Reineke-Fuchs-Grundschule, Lauterbach-Grundschule, Jean-Krämer-Schule und die Waldseeschule) profitieren schon jetzt von diesem Programm und damit von mehr Mitteln insbesondere für Deutsch und Mathematik. Dieses Programm möchte ich gerne ausbauen und auf Kitas ausweiten. Dafür sollten wir eine Politik aus einer Hand machen, damit wir uns nicht verzetteln. Dazu gehören Bildung und Familie in ein Ministerium. Niemand kann erklären, warum das Familienministerium für Kitas und das Bildungsministerium für Schulen zuständig ist.
Buntes Reinickendorf: Die FDP ist bekannt für gute Wirtschafts- und Finanzpolitik – braucht es für eine Wirtschaftswende vorrangig nur Bürokratieabbau und eine Steuerreform? Und kann man durch eine Steuerreform und damit Steuermehreinnahmen die Wirtschaft fit machen, um die Schuldenbremse einzuhalten?
Marius Strubenhoff: Eines ist ganz klar: Mit uns gibt es keine Steuererhöhungen. Im Gegenteil wollen wir das Land entlasten: Unter anderem durch die Erhöhung des Steuerfreibetrages und eine Entlastung der Mitte durch die Anpassung des Spitzensteuersatzes. Es ist unerklärlich, warum jemand mit einem Jahreseinkommen von 69.000€ den gleichen Steuersatz hat wie jemand mit einem Jahreseinkommen von 277.000€.
Ich setze mich für eine Wirtschaftswende und Bürokratieabbau ein. Anstatt auf Subventionen für einzelne große Konzerne sollten wir auf Entlastungen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Unternehmen setzen. Die Einwanderung von Hochqualifizierten muss durch eine Reform der Blue Card und die Einführung eines Orientierungsvisums für Absolventinnen und Absolventen der weltweit besten Unis erleichtert werden. Die Niederlande haben mit einem solchen Visum sehr gute Erfahrungen gemacht.
Buntes Reinickendorf: Mobilität – ein Thema, was auch in Reinickendorf schneller und konstruktiver umgesetzt werden muss!
Marius Strubenhoff: Das stimmt! Reinickendorf hat mit der jahrelangen Sperrung der U6 am eigenen Leibe erfahren, wo es in Deutschland hakt. Insbesondere im Verkehrssektor brauchen wir beschleunigte Planungsverfahren. Durch eine Vereinfachung von Ausschreibungen wird die FDP einen Baustellen-Turbo schaffen. Wir brauchen eine Verkehrspolitik, die jenseits von Ideologie auf einen pragmatischen Mix aus Schiene und Straße setzt. Wir müssen schneller und unbürokratischer bauen: Die U6 wieder zum Laufen bringen und die U8 ins Märkische Viertel erweitern. Gleichzeitig merkt man auf der Straße, dass die Prioritäten in der Verkehrspolitik aktuell nicht stimmen. Auf der B96 und der Müllerstraße Richtung Stadt sorgen die breiten Radwege für unnötigen Stau. Und ich sage das als jemand, der selbst mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt. Im Gegensatz zu den Grünen wissen wir jedoch: Verkehrspolitik wird nicht nur für 34-Jährige gemacht, sondern auch für ältere Menschen und Familien mit Kindern. Ich setze mich in Reinickendorf selbst für bessere Radwege ein: Aber auf eine Art und Weise, die sich mit allen anderen Verkehrsmitteln verträgt.
Buntes Reinickendorf: Was sind beim Thema Bildung die Kernaufgaben?
Marius Strubenhoff: Bildung ist der Kern unseres Aufstiegsversprechens. Neben dem erwähnten Startchancenprogramm für Schulen und Kitas möchte ich mich besonders für ein Deutschlandabitur einsetzen, das Vergleichbarkeit im ganzen Land schafft. Und eine weitere Sache ist mir sehr wichtig: Um lebenslanges Lernen zu ermöglichen, fordere ich ein Lebenschancen-BAföG, das für die Finanzierung von Bildungsmaßnahmen im Laufe des Lebens genutzt werden kann. Unsere Wirtschaft verändert sich rasant: Künstliche Intelligenz, Digitalisierung, um nur ein paar Sachen zu nennen. Einige von uns werden in den kommenden Jahren sehen, dass sich ihr Beruf stark verändert. Darauf müssen wir reagieren können, als Gesellschaft wie auch als einzelne Person. Das 21. Jahrhundert erfordert von uns, dass Bildung nicht mit dem letzten Schultag aufhört.
Buntes Reinickendorf: Vielen Dank für das Gespräch und ihre Sichtweise für den Aufschwung.